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Runde Formen werden bevorzugt – auch in Räumen
15.06.2013 | 18:03 | von Veronika Schmidt (Die Presse)
Psychologen und Architekten zeigten erstmals, dass bei Innenarchitektur runde Formen als schön empfunden werden. Das bestätigen sowohl die Antworten von Probanden als auch die Aufnahmen ihrer Hirnaktivität.
„Es ist erstaunlich, dass wir in so einer eckigen Welt leben, obwohl wir doch runde Formen als schön und angenehm empfinden“, sagt Helmut Leder vom Institut für Psychologische Grundlagenforschung der Uni Wien. Er hat gemeinsam mit Architekten und Forschern aus Kanada, Dänemark und Wien erstmals in das Gehirn von Leuten geblickt, die Bilder von Räumen mit runder bzw. mit eckiger Planung und Einrichtung betrachten (PNAS, 10. Juni). „Wir konnten bereits zeigen, dass bei Alltagsgegenständen, im Autodesign und bei abstrakten Formen runde Dinge bevorzugt werden und eckige, scharfkantige Dinge eher vermieden“, sagt Leder.
Die Psychologen vermuten dahinter eine natürliche Furcht vor harten Kanten und Ecken: „Das Gebiss von Raubtieren, die Dornen auf gefährlichen Pflanzen, spitze Steine mit Kanten – darin steckt Gefahrenpotenzial, das man eher meidet, während runde Formen in der Natur Weichheit und Angenehmes vermitteln“, so Leder. „Noch nie hat jemand gefragt, ob wir auch bei Räumen runde Dinge bevorzugen.“ Immerhin verbringen Amerikaner fast 90 Prozent ihrer Zeit in Innenräumen, die Europäer liegen vermutlich nur knapp dahinter. „Erst wenige Forscher beschäftigen sich mit den Reaktionen, die unsere Umgebung in uns auslöst“, sagt Leder. Interessant ist, ob die Entscheidung, was wir schön finden, auch Einfluss auf unser Verhalten hat, und ob sich dieses in der Hirnaktivität nachvollziehen lässt.
Befragt und durchleuchtet. Darum durchleuchteten die Forscher die Gehirne von 18 Probanden, die in der Magnetresonanzröhre (fMRI) mit Bildern von Räumen konfrontiert wurden. „Wir können das nicht in echten Räumen testen, denn tragbare fMRI-Geräte gibt es noch nicht“, scherzt Leder. Die Fotos der Räume waren ganz unterschiedlich: hohe Räume, enge Räume, offene bzw. geschlossene Räume. Was die Probanden nicht wussten: Ihre Antwort, ob ihnen der Raum gefällt oder nicht, ob sie diesen Raum gern betreten oder lieber schnell verlassen möchten, wurde daraufhin ausgewertet, ob die Ästhetik von runden oder eckigen Formen geprägt war.
„Das Ergebnis war ganz eindeutig: Runde Formen gefallen den Menschen, sie finden sie schön, angenehm. Das beeinflusst aber nicht ihr Verhalten: Die Leute wollten runde Räume nicht lieber betreten als eckigere“, so der Psychologe.
Auch die Gehirnaktivität zeigte, dass bei Bildern von runder Ästhetik die Belohnungszentren stärker feuerten (Orbitofrontal-Kortex, Basalganglien, ventraler anteriorer cingulärer Kortex). „Was wir nicht bestätigen konnten, ist, dass bei eckigen Formen die Amygdala, Furchtzentren, stärker aktiv sind“, sagt Leder. Bei Räumen sei die Angst vor scharfen Kanten nicht so ausgeprägt, da ja fast alles in Räumen eckig und nicht rund ist. „Wir können uns im Alltag nicht aussuchen, in welche Gebäude wir gehen. Vielleicht ist der Effekt durch die Vertrautheit mit den von Menschen geschaffenen eckigen Dingen einfach abgestumpft.“
Formen
Runde Formenfördern nicht nur bei Feng Shui die Harmonie: Auch Marketingstrategen lehren, dass Formen tiefenpsychologisch auf Kunden wirken.
Frauen bevorzugen demnach runde, liebliche, Männer eher quadratische, geradlinige Formen.
Die Wiener Forscherzeigten bereits, dass Rundes bei Design und Kunst bevorzugt und als angenehm empfunden wird.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2013)
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